Cyber-Versicherungen gelten als zentrales Element im Risikomanagement moderner Unternehmen. Sie bieten finanzielle und organisatorische Unterstützung bei Angriffen auf IT-Infrastrukturen, schützen vor wirtschaftlichen Einbußen durch Betriebsunterbrechungen und übernehmen Kosten etwa für die Wiederherstellung von Systemen, Schadensbehebung oder Krisenkommunikation. Doch die Erfahrung zeigt: Der Mehrwert dieser Absicherung hängt in der Praxis maßgeblich davon ab, wie sorgfältig die Angaben vor Vertragsabschluss gemacht wurden. Missverständnisse oder sogar Falschangaben können im Ernstfall zum Verlust des Versicherungsschutzes führen – mit gravierenden Konsequenzen für die betroffenen Organisationen.
Angaben zur IT-Sicherheit: Pflicht zur Sorgfalt und Transparenz
Im Rahmen des Abschlusses einer Cyber-Versicherung ist die Beantwortung umfangreicher Risikofragebögen inzwischen Standard. Hierbei werden Unternehmen unter anderem dazu aufgefordert, detaillierte Informationen zum Stand ihrer IT-Sicherheitsmaßnahmen, zum Umgang mit Updates, zu bestehenden Schulungskonzepten und dem technischen Schutz durch Antivirensoftware oder Firewalls bereit zu stellen. Diese Angaben beeinflussen nicht nur die Risikoeinstufung und die Beitragshöhe, sondern sind zugleich Grundlage für den späteren Leistungsanspruch. Kommt es zu fehlerhaften oder unvollständigen Angaben – etwa, weil aktuelle Patch-Stände überschätzt oder fehlende Schutzmaßnahmen übersehen werden – droht im Schadensfall die Leistungsverweigerung durch das Versicherungsunternehmen.
Rechtliche Bewertung: Von Fahrlässigkeit bis Arglist
Juristisch relevant ist im Streitfall insbesondere die Unterscheidung, ob ein Unternehmen bei der Beantwortung der Fragen fahrlässig oder arglistig gehandelt hat. Während fahrlässige Falschangaben beispielsweise zu einer Vertragsanpassung oder einer Reduzierung der Leistungspflicht führen können, ermöglicht Arglist dem Versicherer den Vertrag rückwirkend aufzuheben. Da die Verantwortung für korrekte Angaben nicht delegierbar ist, werden Wissen und Willen der Mitarbeitenden dem Unternehmen zugerechnet. Wird der Fragenkatalog ohne sorgfältige interne Prüfung beantwortet oder gar bewusst unrealistisch positiv dargestellt, drohen nicht nur finanzielle Einbußen, sondern auch Reputationsschäden und Haftungsrisiken für Verantwortliche im Unternehmen.
Empfehlungen für Compliance-Verantwortliche: Mehrstufige Prüfprozesse etablieren
Um die Integrität und Verlässlichkeit der gemachten Angaben zu gewährleisten, empfiehlt es sich, einen strukturierten Prüfprozess einzuführen. Idealerweise sollten alle Fragen mit Einbindung der IT-Abteilung und eines Datenschutzkoordinators beantwortet werden. Ein Vier-Augen-Prinzip hilft, Fehleinschätzungen frühzeitig zu erkennen. Die regelmäßige Dokumentation des tatsächlichen IT-Sicherheitszustands – beispielsweise durch interne oder externe Audits – sorgt nicht nur für Transparenz, sondern stärkt auch die Position des Unternehmens im Streitfall gegenüber Versicherern. So wird sichergestellt, dass der im Ernstfall dringend benötigte Versicherungsschutz auch tatsächlich greift und Compliance-Risiken auf ein Minimum reduziert werden.
Fazit: Mit Verantwortungsbewusstsein zum sicheren Versicherungsschutz
Cyber-Versicherungen sind ein wertvolles Instrument für moderne Unternehmen, um den Risiken der Digitalisierung zu begegnen. Ihr Schutz entfaltet sich jedoch nur dort, wo Unternehmen Transparenz und Sorgfalt als essenzielle Voraussetzung beim Vertragsabschluss verstehen. Eine lückenlose und wahrheitsgemäße Risikobewertung ist keine bürokratische Pflicht, sondern ein Grundstein digitaler Resilienz und unternehmerischer Verantwortung.