Die Europäische Kommission hat vor kurzem ein neues Büro für Künstliche Intelligenz (KI) ins Leben gerufen, das sich auf die Umsetzung, Beobachtung und Überwachung von KI-Systemen und -Modellen konzentrieren wird. Dieses Büro ist von den zuständigen Marktüberwachungsbehörden zu unterscheiden und erfüllt eine Vielzahl von Aufgaben, die sich aus der KI-Verordnung (KI-VO) ergeben.
Kernaufgaben und Zusammenarbeit
Gemäß Artikel 64 der KI-VO ist eine der Hauptaufgaben des Büros die Entwicklung von Fachwissen und Fähigkeiten der Europäischen Union im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Diese Aufgaben umfassen:
Implementierung der KI-Verordnung: Dazu gehört die direkte Durchsetzung von Regeln, die für KI-Modelle mit allgemeinem Verwendungszweck gelten, sowie die Evaluation und Prüfung solcher Modelle. Das Büro kann Informationen anfordern und Sanktionen verhängen.
Zusammenarbeit: Das Büro arbeitet eng mit den Mitgliedstaaten im Rahmen des sogenannten „KI-Gremiums“ zusammen, das sich aus Vertretern aller Mitgliedstaaten zusammensetzt und dessen Sekretariatsgeschäfte es führt.
Innovationsförderung: Das Büro trägt zur Schaffung eines innovativen Ökosystems für vertrauenswürdige KI bei und unterstützt verschiedene Maßnahmen zur Förderung von Forschung und Entwicklung in diesem Bereich.
Europäischer Ansatz: Es verfolgt einen strategischen, kohärenten und effektiven Ansatz zur KI und dient als globaler Referenzpunkt.
Verknüpfung von KI und Datenschutz
Ein wesentliches Merkmal der Arbeit des Büros ist die enge Verknüpfung von Künstlicher Intelligenz und Datenschutz. Der Europäische Datenschutzbeauftragte nimmt als Beobachter am KI-Gremium teil. Zudem ist das Büro dafür verantwortlich, ein Muster für einen Fragebogen zur Durchführung einer „Grundrechte-Folgenabschätzung“ auszuarbeiten, wie es in Artikel 65 Abs. 2 der KI-VO festgelegt ist. Dies ist besonders relevant für Betreiber von Hochrisiko-KI-Systemen, die bestimmte Datenschutzrichtlinien einhalten müssen.
Praktische Relevanz für Unternehmen
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Definition des Begriffs „Betreiber“. Laut Artikel 3 Nr. 4 der KI-VO ist ein Betreiber jede natürliche oder juristische Person, die ein KI-System in eigener Verantwortung verwendet, es sei denn, es erfolgt im Rahmen einer persönlichen und nicht beruflichen Tätigkeit. Das bedeutet, dass bereits mittelständische Unternehmen, die Hochrisiko-KI-Systeme nutzen, von den Vorschriften und Maßnahmen des Büros für Künstliche Intelligenz betroffen sein können.
Marktüberwachungsfunktion und Ausblick
Obwohl das Büro für Künstliche Intelligenz keine Marktüberwachungsbehörde ist, hat es gemäß Artikel 75 KI-VO unter bestimmten Voraussetzungen Befugnisse zur Überwachung von KI-Systemen, die auf Modellen mit allgemeinem Verwendungszweck basieren. Diese Aufgaben überschneiden sich mit denen der nationalen Marktüberwachungsbehörden, was eine enge Zusammenarbeit in der Praxis erforderlich macht. Es bleibt abzuwarten, wie diese Zusammenarbeit konkret ausgestaltet wird.
Zusammensetzung und Rekrutierung
Das Büro wird aus Fachleuten aus verschiedenen Bereichen wie Technologie, Politik, Recht, Wirtschaft und Verwaltung bestehen. Die Herausforderung wird darin bestehen, in Zeiten des Fachkräftemangels qualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren, um die umfassenden Aufgaben der KI-Verordnung effektiv bewältigen zu können.
Fazit und Bedeutung für nationale Behörden
Die Arbeit des Büros für Künstliche Intelligenz wird mit Spannung beobachtet und könnte die Implementierung der KI-Verordnung erheblich erleichtern. Die Debatte über die Zuständigkeiten der nationalen Marktüberwachungsbehörden wird unabhängig davon weitergehen. Ideal wäre es, wenn das Büro die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten erfolgreich gestaltet und so einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung und Überwachung vertrauenswürdiger KI-Systeme in Europa leistet.