Der Entwurf eines neuen Gesetzes ermöglicht es Polizeibehörden, Bilder von Verdächtigen mit allen öffentlich zugänglichen Bildern aus dem Internet abzugleichen. Dies stellt eine bedeutende Erweiterung der bisherigen Methoden dar, bei denen die Polizei lediglich Zugriff auf die polizeiliche INPOL-Datenbank hatte. Im Folgenden beleuchten wir den Gesetzesentwurf, seine Hintergründe und die damit verbundenen datenschutzrechtlichen Fragen.
Gesetzlicher Hintergrund und Potenzial
Das Bundeskriminalamt (BKA) setzt seit 2008 das Gesichtserkennungssystem GES zur Identifizierung unbekannter Täter ein. Dabei werden biometrische Merkmale eines Gesichts codiert und für den Abgleich mit Bildern aus der INPOL-Datenbank verwendet. Der neue Gesetzesentwurf geht nun einen Schritt weiter und soll es den Behörden ermöglichen, diese biometrischen Daten auch gegen öffentlich zugängliche Bilder im Internet abzugleichen. Dies soll zur effizienteren Verbrechensbekämpfung beitragen und könnte insbesondere bei der Identifizierung von Terroristen und anderen gefährlichen Kriminellen von großem Nutzen sein.
Ein prominentes Beispiel, das diese Technologie in den Fokus rückte, ist die Festnahme der mutmaßlichen Straftäterin Daniela Klette. Nach jahrzehntelanger Suche konnte sie mithilfe der Gesichtserkennungssoftware des polnischen Unternehmens PimEyes identifiziert werden. Diese Software sammelt massenhaft Gesichter aus dem Internet und speichert diese biometrischen Daten, sodass ein Abgleich mit Bildern der zu identifizierenden Person möglich ist. Dadurch konnte Klette schließlich in einer Berliner Wohnung festgenommen werden.
Datenschutzrechtliche Bedenken
Doch der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware ist nicht ohne Kritik. Besonders PimEyes stand von Anfang an unter scharfer Beobachtung der Aufsichtsbehörden. Die massenhafte Erhebung biometrischer Daten durch das Tool und die daraus resultierende Identifizierungsmöglichkeit jeder Person werfen erhebliche datenschutzrechtliche Probleme auf. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI BW) leitete sogar ein Verfahren gegen PimEyes ein, da der Dienst eine massive Bedrohung für die Rechte und Freiheiten der Bürger darstelle.
Hierbei gibt es erhebliche Unklarheiten bezüglich der Rechtsgrundlage für die Verarbeitung und Speicherung dieser Daten. Obwohl PimEyes behauptet, nur öffentlich zugängliche Bilder zu verarbeiten, die keinerlei Personenbezug haben sollen, bleibt die Frage nach dem Schutz der individuellen Privatsphäre unbeantwortet. Aufgrund dieser Bedenken leitete die Aufsichtsbehörde das weltweit erste Bußgeldverfahren gegen PimEyes ein.
Herausforderungen und Ausblick
Der Gesetzesentwurf des Innenministeriums sieht vor, das Bundeskriminalamt in die Lage zu versetzen, biometrische Abgleiche von öffentlich zugänglichen Daten aus dem Internet durchzuführen. Dies soll insbesondere zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und bei der Strafverfolgung und -verhütung neuen Phänomenen und Bedrohungen dienen.
Trotz der vorgesehenen neuen Möglichkeiten stößt der Entwurf auf Widerstand. Datenschutzexperten und Politiker warnen vor den Folgen einer solchen Gesetzesänderung für die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger. Sie sehen insbesondere die Gefahr, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz und die damit verbundene Verarbeitung sensibler biometrischer Daten zu weitreichenden Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte führt. Zudem bleibt unklar, auf welcher Rechtsgrundlage die Verarbeitung dieser Daten tatsächlich erfolgen kann und wie die Sicherheit und der Schutz der gesammelten Daten gewährleistet werden soll.
Fazit
Der polizeiliche Einsatz von Gesichtserkennungssystemen bietet zweifellos eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten zur Verbrechensbekämpfung. Doch die datenschutzrechtlichen Bedenken und die potenziellen Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger dürfen nicht unbeachtet bleiben. Eine sorgfältige Abwägung zwischen Sicherheit und Datenschutz ist unerlässlich, um die Akzeptanz und die rechtliche Grundlage dieser Technologie zu gewährleisten.