## 348 Tage Hinweisgeberschutzgesetz: Ein Jahr für den Schutz von Whistleblowern
Am 02. Juni 2023 wurde das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) in Kraft gesetzt. Fast ein Jahr später ist es an der Zeit, eine Bilanz zu ziehen und die wesentlichen Aspekte des Gesetzes sowie seine praktischen Auswirkungen auf Unternehmen und Beschäftigte zu beleuchten.
### Die Grundlagen des Hinweisgeberschutzgesetzes
Das HinSchG wurde entworfen, um natürlichen Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangen, einen sicheren Meldekanal zu bieten. Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten sind daher verpflichtet, interne Meldestellen einzurichten, wobei bestimmte Unternehmen des Finanzsektors unabhängig von ihrer Größe dieser Pflicht unterliegen. Neben den internen Meldestellen gibt es auch externe, staatliche Meldestellen. Das Bundesamt für Justiz (BfJ) fungiert als zentrale externe Meldestelle des Bundes.
### Interne vs. externe Meldestellen
Interne Meldestellen sollen dafür sorgen, dass Hinweisgeber innerhalb des Unternehmens sicher und vertraulich Missstände melden können. Wenn interne Meldestellen jedoch nicht vorhanden oder nicht funktionsfähig sind, haben Beschäftigte die Möglichkeit, sich an externe Meldestellen zu wenden. Diese externen Stellen können auf Bundes- und Länderebene eingerichtet sein und bieten eine zusätzliche Option, insbesondere wenn eine interne Bearbeitung nicht möglich oder unsicher ist.
### Wahlfreiheit für Beschäftigte
Hinweisgebende Personen haben prinzipiell das Recht zu wählen, ob sie einen Verstoß intern oder extern melden. Diese Wahlfreiheit ist entscheidend, um sicherzustellen, dass keine Repressalien gegen den Hinweisgeber erfolgen und dass der Schutz der meldenden Person gewährleistet bleibt. Unternehmen, die keine internen Meldestellen einrichten, riskieren nicht nur Bußgelder, sondern auch den Verlust der Kontrolle über den Untersuchungsprozess.
### Effektivität der internen Meldestellen
Die Einrichtung und ordnungsgemäße Funktionsweise interner Meldestellen bieten Unternehmen erhebliche Vorteile. Sie ermöglichen es, Missstände frühzeitig zu erkennen und intern zu lösen. Dadurch können externe Untersuchungen und mögliche Sanktionen vermieden werden. Zudem stärkt ein effektives internes Meldesystem das Vertrauen der Mitarbeiter und signalisiert, dass ihre Bedenken ernst genommen werden.
### Statistiken und Erfahrungen nach knapp einem Jahr
Laut Angaben des BfJ wurden zwischen dem 02. Juli 2023 und dem 30. April 2024 etwa 902 Hinweise auf mutmaßliche Missstände bei der Bundesmeldestelle registriert. Diese Zahl verdeutlicht, dass das Hinweisgeberschutzgesetz ein wichtiges Werkzeug zur Aufdeckung und Bearbeitung von Verstößen darstellt. Allerdings zeigt sich auch, dass besonders in den ersten Monaten die Existenz von Meldestellen vielen Mitarbeitern noch nicht ausreichend bekannt war.
### Praktische Umsetzung und Herausforderungen
Unternehmen stehen vor der Herausforderung, nicht nur interne Meldestellen einzurichten, sondern diese auch effizient und vertrauenswürdig zu betreiben. Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert klare Kommunikation und Schulung der Mitarbeiter, um sicherzustellen, dass sie die Meldekanäle kennen und Vertrauen in deren Nutzung haben. Es ist essentiell, dass interne Meldestellen so gestaltet sind, dass sie eine echte Alternative zur externen Meldung darstellen.
### Fazit
Das erste Jahr nach Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes zeigt deutlich, dass es im Interesse der Unternehmen liegt, interne Meldestellen wirksam zu implementieren und den Mitarbeitern die Nutzung dieser Kanäle aktiv zu erleichtern. Ein gut funktionierendes internes Meldesystem ermöglicht es, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen und Probleme eigenständig zu lösen, bevor diese externe Stellen und damit einhergehende Konsequenzen involvieren.
Unternehmen, die in ihren Compliance-Maßnahmen proaktiv sind und ein vertrauensvolles Umfeld schaffen, profitieren durch erhöhte Transparenz und Mitarbeitermotivation. Es ist klar: Keine Meldestelle einzurichten ist keine Option. Die Anpassung an das Hinweisgeberschutzgesetz ist nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern auch eine Investition in die Unternehmenskultur und -sicherheit.